Endlich hat sich die Finanzverwaltung den Gepflogenheiten in der europäischen Union angepasst: auf elektronischen Rechnungen verlangt sie keine Signatur mehr – unter der Voraussetzung, dass der Bundesrat in der Sitzung am 08.07.2011 dem Steuervereinfachungsgesetz zustimmt.
Was auf den ersten Blick als große Erleichterung erscheint, stellt insbesondere kleinere Unternehmen bei genauem Hinsehen vor große Herausforderungen. Lesen Sie weiter oder lassen Sie sich von uns beraten.
Viele unserer Mandanten erinnern sich:
Wiederholt und eindringlich hatten wir Sie als unsere Mandanten darauf hingewiesen, dass bei elektronischen Rechnungen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, wenn die Rechnung keine Signatur trägt. Nun ist alles wieder neu und ganz anders:
Zum 01.07.2011 wird die elektronische Rechnung der Papierrechnung gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass der Bundesrat dem Steuer-vereinfachungsgesetz zustimmt. Und Voraussetzung ist darüber hinaus, dass Sie als Rechnungsempfänger dem gewählten Weg zustimmen. Die Signatur ist in Zukunft also nicht mehr erforderlich. Rein theoretisch ist der Vorsteuerabzug bei elektronischen Rechnungen sichergestellt.
Allerdings steckt wie immer der Teufel im Detail: Sie müssen ein „innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft“, sicher stellen. Die Anforderungen der Finanzverwaltung dazu sind noch völlig unklar. Hinzu kommt, dass Sie für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist, 10 Jahre, in der Lage sein müssen, die Originaldatei in der EDV wieder zu finden.
Den Papierausdruck benötigen wir zwar in den Buchhaltungsunterlagen – für die korrekte Buchhaltung. Ein Betriebsprüfer wird ihn jedoch nicht anerkennen, wenn die Rechnung elektronisch versandt wurde. Deshalb benötigen selbst kleine Unternehmen eine langfristige und durchschaubare Archivierung.
Wie Sie wissen, sind Sie verpflichtet, elektronische Rechnungen – genau wie alle anderen steuerlich relevanten Dateien – 10 Jahre lang zu archivieren. Dies kann in zwei Fällen zu Schwierigkeiten führen:
Zum einen können Dateien bei Umstellung der EDV verloren gehen. Das können Sie durch ein gutes Archivierungsprogramm und durch große Sorgfalt vermeiden. Aber auch aus anderen Gründen gehen immer wieder Dateien verloren. Als Schutz dagegen bleibt nur eine gespiegelte Festplatte und regelmäßige Datensicherung. Aus Gründen der Sicherheit sollten Sie die gesicherten Daten nicht am gleichen Ort aufbewahren wie den Computer. Sonst teilen sie im Falle von Diebstahl, Vandalismus und Feuer das Schicksal des Computers – sie sind zerstört oder verschwunden.
Ist jedoch die Datei der Rechnung nicht mehr auffindbar, erkennt ein Betriebsprüfer die Rechnung, mindestens aber den Vorsteuerabzug, nicht an. Konsequenz können hohe Steuernachzahlungen sein. – Welcher Unternehmer ist bereit, derartige finanzielle Risiken einzugehen? Ich kenne keinen!
Außerdem: Wie immer müssen Sie dokumentieren, ob Reklamationen oder Rechnungsminderungen erfolgten, ob Sie Skonti in Anspruch genommen haben und ähnliches. Sollten Sie diese Vorgänge für den Betriebsprüfer nicht eindeutig dokumentiert haben, erkennt er unter Umständen auch aus diesen Gründen den Vorsteuerabzug nicht an. Konsequenz für Sie: Rückzahlung der bereits erstatteten Umsatzsteuer. Und wie Sie wissen, die meisten Betriebsprüfer sind sehr vernünftig. Aber es gibt immer auch einige, die sich an teilweise absurden Kleinigkeiten festbeißen und im Einzelfall sogar das formale Recht auf ihrer Seite haben.
Sollten Sie die E-Rechnung für Ihre Kunden nutzen, bzw. von Ihren Lieferanten akzeptieren wollen, sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.
Quelle: Handelsblatt, Dienstag 28.06.2011