Mit Beschluss vom 27.09.2012 hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Erbschaftsteuer– und Schenkungsteuergesetz verfassungsgemäß ist. Daraufhin wird nun nach einem Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder ab sofort jeder neu zu erlassende Erbschaft– und Schenkungssteuerbescheid für eine Erbschaft oder Schenkung nach dem 31.12.2008 vorläufig erlassen. Dies gilt sowohl für die Übertragung von Privatvermögen als auch für die Übertragung von Betriebsvermögen. Beschenkte bzw. Erben müssen deshalb mit der Ungewissheit leben, ob das derzeitige Erbschaft– und Schenkungsteuerrecht anzuwenden ist oder wegen Verfassungswidrigkeit vom Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärt wird.
Zu vermuten ist allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht wie in vielen ähnlichen Fällen, dem Gesetzgeber eine Frist zur Änderung einräumt und das derzeitige Erbschaft– und Schenkungsteuerrecht als bis zum Ablauf dieser Frist gültig erklärt.
Hintergrund ist die Tatsache, dass der BFH die unterschiedliche Behandlung von Betriebsvermögen und Privatvermögen, bei der derzeit eine hohe Begünstigung des Betriebsvermögens gilt, für verfassungswidrig hält. Er ist der Meinung, dass „Steuerpflichtige, die die Vergünstigung nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende vollständige und folgerichtige Besteuerung verletzt werden.“
Tatsächlich bietet das derzeitige Erbschaftsteuerrecht – insbesondere für sehr große Vermögen – Gestaltungsmöglichkeiten, in denen Privatvermögen zu steuerlichem Betriebsvermögen gemacht werden kann. So konnten in den letzten Jahren insbesondere sehr große Privatvermögen im Extremfall vollständig steuerfrei übertragen werden. Andererseits gibt es Berechnungen, dass ein Steuersatz von lediglich 8 % ausreichend wäre, wenn alle Vermögen gleichmäßig und mit relativ geringen Freibeträgen besteuert werden.
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht hierzu entscheiden wird. Die gesamte weitere Fortentwicklung unseres deutschen Erbschaft– und Schenkungsteuerrechts ist davon abhängig.
Wünschenswert wäre es, den Österreichern nachzueifern: diese haben die Erbschaft– und Schenkungsteuer vollständig abgeschafft! Schließlich stammen Vermögen aus Einkommen, die bereits der Einkommensteuer und/oder der Kapitalertragsteuer unterworfen wurden! Aber anstatt die Erbschaft– und Schenkungsteuer – wie es die Österreicher getan haben – vollständig abzuschaffen, beabsichtigt die SPD derzeit ja sogar, auch die Vermögensteuer wieder aufleben zu lassen – zu Lasten der Altersversorgung, die wir als Selbständige und Unternehmer mühsam ansparen müssen!
(Leserbrief an FAZ von Monika Lambrecht)
Stand: 14.12.2012